{"id":7097,"date":"2019-05-23T11:57:47","date_gmt":"2019-05-23T09:57:47","guid":{"rendered":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/?p=7097"},"modified":"2022-01-12T09:21:40","modified_gmt":"2022-01-12T08:21:40","slug":"beschraenkung-mikroplkastik","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/beschraenkung-mikroplkastik\/","title":{"rendered":"Beschr\u00e4nkungsvorschlag von Mikroplastik – Zur\u00fcck in die Steinzeit?"},"content":{"rendered":"
ECHA-Vorschlag zur Beschr\u00e4nkung von \u201eMikroplastik\u201c \u2013 das Ende zahlreicher technischer Polymeranwendungen in der EU?<\/strong><\/p>\n Eins ist v\u00f6llig klar und unstrittig: Jegliche Abf\u00e4lle \u2013 und damit auch Kunststoff-Abf\u00e4lle \u2013 geh\u00f6ren nicht unsachgem\u00e4\u00df in die Umwelt entsorgt! Um diese Tatsache zu begreifen, bedarf es auch nicht erst der schrecklichen Bilder von verm\u00fcllten Str\u00e4nden oder Meeresm\u00fcllstrudeln. Kunststoffe (wie auch andere Werkstoffe) sind Wertstoffe \u2013 zum Wegwerfen viel zu schade! Kunststoffprodukte am Ende ihres Lebensweges m\u00fcssen im Rahmen eines geregelten Abfallwirtschaftssystems einem (\u00f6kobilianziell sinnvollen) Verwertungsverfahren zugef\u00fchrt werden \u2013 und landen dadurch auch nicht im Meer! In Deutschland wurde deshalb seit den 1980er Jahren der Aufbau einer Abfallwirtschaft angesto\u00dfen, die seither (mittlerweile im europ\u00e4ischen Rahmen) immer weiter in Richtung Kreislaufwirtschaft entwickelt wurde und wird.<\/p>\n [cl-popup title=“Quergelesen“ btn_label=“QUERGELESEN“ btn_bgcolor=“#1e73be“ btn_color=“#ffffff“ align=“center“ size=“m“]Die Bilder der Meeresverm\u00fcllung, die im Wesentlichen unzureichender Abfallwirtschaftssysteme in asiatischen L\u00e4ndern geschuldet ist, haben in der EU einen weitreichenden technokratischen Verbotsansatz f\u00fcr \u201eMikroplastik\u201c materialisiert. Zahlreiche technische Polymeranwendungen k\u00f6nnten bald einem Totalverbot oder umfassenden b\u00fcrokratischen Pflichten unterworfen werden. Neben den zu erwartenden sozio\u00f6konomischen Sch\u00e4den ist dar\u00fcber hinaus kein signifikanter Beitrag zur Verringerung der Meeresverm\u00fcllung zu erwarten, da letztlich nur 0,2 % der unkontrollierten Kunststoffemissionen in den EU 28+ adressiert werden.[\/cl-popup]<\/p>\n <\/p>\n In der letzten Zeit sind insbesondere auch kleinere Kunststoffpartikel (< 5 mm) \u2013 sogenanntes \u201eMikroplastik\u201c \u2013 in die Diskussion geraten. Diese Partikel entstehen durch partiellen Abbau gr\u00f6\u00dferer Kunststoffteile sowie auch \u00fcber einen m\u00f6glichen Direkteintrag kleinerer Partikel, etwa durch Verbraucherprodukte oder Abrieb \u2013 und k\u00f6nnen hierdurch Eingang in die Umwelt finden. Dieses Thema f\u00fchrt vielfach zu sehr emotionalen Diskussionen, weshalb der VCI und vier seiner Fachverb\u00e4nde bereits im Juni 2016 ein Positionspapier<\/span><\/a> zur Versachlichung des Themas erstellt hat.<\/p>\n Um Eintr\u00e4ge von Kunststoffpartikeln zu vermindern, gibt es seitens der Industrie auch bereits vielerlei Initiativen. Von Sensibilisierungsma\u00dfnahmen wie \u201eNull Pelletverlust<\/span><\/a>“ oder \u201eOperation Clean Sweep<\/span><\/a>\u201c bis hin zur freiwilligen Selbstverpflichtung der Kosmetikindustrie. Diese m\u00f6chte b<\/span>is 2020 feste, nicht abbaubare Kunststoffpartikel, die in abzusp\u00fclenden kosmetischen Produkten aufgrund ihres Reinigungs- und Peelingeffekts eingesetzt werden, durch alternative Stoffe ersetzen und hat dazu eine Empfehlung<\/a> <\/span>ver\u00f6ffentlicht. Eine Erhebung im Mai 2018 hatte gezeigt, dass die Selbstverpflichtung auch Wirkung zeigt \u2013 es wurde bereits eine Reduktion dieser Mikrokunststoffpartikel um 97% erzielt.<\/p>\n Im Rahmen der EU-Kunststoffstrategie hat die Europ\u00e4ische Kommission aber nunmehr auch einen regulatorischen Ansatz gew\u00e4hlt um \u201eMikroplastik\u201c-Eintr\u00e4ge zu verhindern. Hierzu wurde die europ\u00e4ische Chemikalienagentur ECHA beauftragt, ein Verbot von bewusst zugesetztem Mikroplastik in Produkten aller Art zu pr\u00fcfen. Dieses Verbot soll durch eine Beschr\u00e4nkung im Rahmen der europ\u00e4ischen Chemikalienverordnung REACH erfolgen. Seit M\u00e4rz 2019 steht ein solcher Beschr\u00e4nkungsvorschlag f\u00fcr \u201eMikroplastik\u201c<\/a><\/span> gem\u00e4\u00df REACH zur Konsultation.<\/p>\n Diese sieht vor, dass<\/p>\n Der Titel der Beschr\u00e4nkung und auch nahezu alle Aussagen im ECHA-Dossier (z. B. Aussagen zur Stoffidentit\u00e4t oder zur Risikobewertung) suggerieren zwar, dass es sich um eine Beschr\u00e4nkung von \u201eMikroplastik\u201c handelt. Tats\u00e4chlich adressiert die vorgeschlagene Beschr\u00e4nkung aber alle Polymere sowie praktisch alle polymerhaltigen bzw. polymerbeschichteten Materialien \u2013 und d\u00fcrfte damit eine Vielzahl von technischen Polymer-Anwendungen betreffen. Die Vorgaben, Definitionen und der Geltungsbereich der Beschr\u00e4nkung sind so komplex und so umfangreich, dass unklar und unverst\u00e4ndlich ist, was genau erfasst werden soll.<\/p>\n Sind keine entsprechenden \u00dcbergangszeitr\u00e4ume oder Ausnahmen im Rahmen der Beschr\u00e4nkung unter REACH vorgesehen, w\u00fcrde hier faktisch ein vollumf\u00e4ngliches Verbot f\u00fcr das Inverkehrbringen solcher Produkte\/Anwendungen ab Inkrafttreten der Beschr\u00e4nkung gelten. Sind spezifische Ausnahmen gelistet, ist die Anwendung zwar nicht verboten \u2013 es gelten aber umfassende Kennzeichnungs- und Kommunikationspflichten in der Lieferkette sowie Berichtspflichten an die ECHA. Ein enormer B\u00fcrokratieaufwand \u2013 mit wenigstens fraglichen Umweltnutzen.<\/p>\n Die Konsequenzen dieses regulatorischen Kahlschlag-Ansatzes in den industriellen Wertsch\u00f6pfungsketten sind dabei v\u00f6llig un\u00fcberschaubar! Von der technischen Faser \u00fcber Spezialschmierstoffe bis hin zu Hochleistungsklebern oder der kunststoffbeschichteten Glasbeads in Assays \u2013 s\u00e4mtliche Polymeranwendungen k\u00f6nnten betroffen sein. Und es ist zudem zu bef\u00fcrchten, dass innerhalb der weit verzweigten Lieferketten mit den unterschiedlichsten Anwendungskonstellationen von Polymeren der weitreichende ECHA-Ansatz und die umfangreiche Betroffenheit von Unternehmen zun\u00e4chst auch gar nicht erkannt werden. Das alles ist umso weniger nachvollziehbar, da die ECHA in Ihrem Dossier selbst darlegt, dass man mit dieser umfassenden Beschr\u00e4nkung nur in etwa 0,2 % der Emissionen (auf das Gewicht bezogen) an unkontrolliert in die Umwelt entlassenen Kunststoffabf\u00e4llen in den EU 28+ adressieren kann. Von Verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfigkeit kann hier keine Rede mehr sein.<\/p>\n Der VCI sieht den Vorsto\u00df der ECHA dementsprechend sehr kritisch \u2013 und hat sich bereits Mitte Mai mit einem Positionspapier<\/span><\/a> in die Konsultation eingebracht. Dieser fr\u00fche Zeitpunkt der Einreichung (die Konsultation geht bis 20.09.2019) ist der Situation geschuldet, dass schon in K\u00fcrze die Diskussion im ECHA Committee for Risk Assessment (RAC) und im Committee for Socio-Economic Analysis (SEAC) beginnt. Damit Beitr\u00e4ge schon von Anfang an in dieser Diskussion ber\u00fccksichtigt werden k\u00f6nnen, mussten sie bis sp\u00e4testens zum 20. Mai 2019 im Rahmen der Public Consultation eingereicht werden.<\/p>\n <\/p>\n F\u00fcr den weiteren Prozess ist es jetzt elementar wichtig, dass Unternehmen\/Branchen ihre Betroffenheit bez\u00fcglich Produkten bzw. deren Anwendungen nicht nur sorgf\u00e4ltig pr\u00fcfen, sondern diese auch \u00fcber die jeweiligen (Fach-)Verb\u00e4nde\/Kammern sowie aber vor allem individuell im Rahmen der \u00f6ffentlichen Konsultation aktiv kommunizieren. Die vorliegende VCI-Position<\/a> <\/span>oder Teile davon k\u00f6nnen hierbei ggf. unterst\u00fctzen. Auch VCI-Fachverb\u00e4nde, wie z.B. der Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie, haben eigene Positionspapiere in deutscher<\/span><\/a> und englischer Sprache<\/span><\/a> erstellt oder sind derzeit dabei. Eine Teilnahme an der Konsultation ist noch bis 20.09.2019 m\u00f6glich. Dabei ist es sinnvoll, die Anwendungen und (sozio-\u00f6konomischen) Auswirkungen der Beschr\u00e4nkung so pr\u00e4zise wie m\u00f6glich aber gleicherma\u00dfen (auch von Nicht-Fachspezialisten) gut nachvollziehbar zu beschreiben. Einige konkrete Beispiele f\u00fcr Auswirkungen auf Unternehmen, Lieferketten und Produkte hat der VCI auch bereits in einer erg\u00e4nzenden Stellungnahme zusammengestellt (englisch<\/a><\/span>, deutsch<\/span><\/a>).<\/p>\n <\/p>\n <\/p>\n Bildquelle Titelbild: pixabay_stormtrooper-2296199<\/em><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" ECHA-Vorschlag zur Beschr\u00e4nkung von \u201eMikroplastik\u201c \u2013 das Ende zahlreicher technischer Polymeranwendungen in der EU? 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Erschreckend ist die bislang vorgesehene, extrem weitreichende Mikroplastik-Definition der Beschr\u00e4nkung.<\/h3>\n
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Neben dem unklaren und extrem weiten Anwendungsbereich verst\u00f6\u00dft der Beschr\u00e4nkungsvorschlag nach Auffassung des VCI auch gegen wichtige Vorschriften der REACH-Verordnung und gegen Grunds\u00e4tze des Vorsorgeprinzips:<\/h3>\n
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Der VCI kommt daher zu folgenden Schlussfolgerungen und Empfehlungen:<\/h3>\n
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<\/a>Auch der aktuelle Chemie Report des VCI<\/a><\/span> informiert zu dem Beschr\u00e4nkungsvorschlag der ECHA.<\/p>\n