{"id":6992,"date":"2019-03-20T08:00:19","date_gmt":"2019-03-20T07:00:19","guid":{"rendered":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/?p=6992"},"modified":"2020-11-06T15:38:43","modified_gmt":"2020-11-06T14:38:43","slug":"energie-strom-und-die-angst-vor-dem-absturz","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/energie-strom-und-die-angst-vor-dem-absturz\/","title":{"rendered":"Energie: Strom und die Angst vor dem Absturz"},"content":{"rendered":"
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Strom und die Angst vor dem Absturz
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Erstellt von „Artikel 19. M\u00e4rz 2019 – Passauer Neue Presse“<\/span><\/p>\n

Region: Zukunft h\u00e4ngt an sicherer Stromversorgung zu wettbewerbsf\u00e4higem Preis – Chemiedreieck ben\u00f6tigt fast 1 Prozent des gesamten deutschen Strombedarfs<\/strong><\/h3>\n<\/div>\n
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M\u00fcnchen\/Region. <\/strong>\u201eOhne Strom kein Wohlstand.\u201c Unter dieser Schlagzeile berichtete Heimatwirtschaft vor zwei Jahren \u00fcber die Sorgen der Chemischen Industrie in Bayern \u2013 und vor allem im Bayerischen Chemiedreieck \u2013 um die Zukunft einer sicheren, in der Menge ausreichenden und im Preis wettbewerbsf\u00e4higen Energieversorgung. Das Thema gewinnt an Brisanz.<\/p>\n

Die Sorgen nehmen drastisch zu. Die Abschaltung der letzten verbliebenen Kernkraftwerke (in Bayern: Gundremmingen Ende 2021 und Ohu 2 Ende 2022) r\u00fcckt n\u00e4her. J\u00fcngst wurde auch der absehbare Ausstieg aus Braun- und Steinkohle als Energietr\u00e4ger im Bund beschlossen. Und der neue bayerische Wirtschaftsminister und stv. Ministerpr\u00e4sient Hubert Aiwanger hat in seiner bisherigen Politik ganz klar seine Abneigung gegen \u00dcberlandtrassen, die in der Vorg\u00e4ngerregierung als L\u00f6sung der Stromsorgen in Bayerns energieintensiver Wirtschaft galten, bekundet.<\/p>\n

\u201eDie Situation ist bitterernst\u201c, schreiben die Bayerischen Chemieverb\u00e4nde in einem aktuellen Positionspapier an die Staatsregierung: \u201eDie derzeitige Energiepolitik gef\u00e4hrdet den Industriestandort Bayern nachhaltig. Man muss von nicht weniger als einer industriellen Zeitenwende sprechen, wenn es in Bayern nicht gelingt, Versorgungssicherheit und wettbewerbsf\u00e4hige Strompreise zu gew\u00e4hrleisten.\u201c<\/p>\n

Rund 20 000 Arbeitspl\u00e4tze in der chemischen Industrie, ihre Lohnsummen sowie die Steueraufkommen zahlreicher Kommunen h\u00e4ngen allein im Bayerischen Chemiedreieck unmittelbar von einer wettbewerbsf\u00e4higen Stromversorgung ab. Und rund weitere bis zu 50 000 Arbeitspl\u00e4tze werden wiederum nach bekanntem volkswirtschaftlichen Schl\u00fcssel von diesen Arbeitspl\u00e4tzen in der chemischen Industrie in anderen Branchen mitgetragen.<\/p>\n

\u201eNicht nur die Entwicklung des Freistaats Bayern vom Agrarstaat zum Industrieland (27 Prozent Industrieanteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) zeigt, dass die sichere und kosteng\u00fcnstige Versorgung mit Energie \u2013 insbesondere Strom \u2013 eine der wesentlichsten Grundlagen wirtschaftlichen Erfolgs und gesellschaftlichen Wohlstands war und ist,\u201c schreiben die Chemieverb\u00e4nde in ihrem Positionspapier.<\/p>\n

Im \u00f6ffentlichen Diskurs um Verbrauch und Preise stehen vor allem die privaten Haushalte, auf die rund 25 Prozent des deutschen Stromverbrauchs entf\u00e4llt, im Fokus; nicht aber die 45 Prozent, den die Industrie ben\u00f6tigt.<\/p>\n

Allein die rund 20 Chemieunternehmen im Chemiedreieck haben einen Strombedarf von rund f\u00fcnf Terawattstunden im Jahr \u2013 das ist fast ein Prozent des gesamten deutschen Stromverbrauchs und rund doppelt so viel, wie die privaten Haushalte der Stadt M\u00fcnchen im Jahr verbrauchen.<\/p>\n

Der gr\u00f6\u00dfte Verbraucher ist hier die Wacker Chemie AG in Burghausen mit rund drei Terawattstunden im Jahr. Das sind rund 0,6 Prozent des gesamten deutschen Stromverbrauchs. Ben\u00f6tigt wird der Strom dort zum \u00fcberwiegenden Teil zur Herstellung von polykristallinem Silizium f\u00fcr die Solarindustrie und hochreinem Silizium f\u00fcr die Halbleiterindustrie \u2013 Grundlage f\u00fcr den vielbeschworenen Weg in die Digitalisierung.<\/p>\n

Die Situation versch\u00e4rft sich<\/strong><\/h3>\n

Die chemische Industrie ist aufgrund ihrer anspruchsvollen Produktionsprozesse auf eine sichere, grundlastf\u00e4hige Energieversorgung rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr unterbrechungsfrei im Millisekundenbereich angewiesen.<\/p>\n

\u201eMit dem Abschalten der letzten Kernkraftwerke in 2022 fehlen in Bayern rund 5 Gigawatt gesicherte Leistung und ca. 40 Terawattstunden Arbeit\u201c, h\u00e4lt das Positionspapier fest. \u201eUnd diese Situation versch\u00e4rft sich jetzt weiter durch den j\u00fcngst beschlossenen Kohleausstieg, der eine weitere S\u00e4ule gesicherter, das hei\u00dft grundlastf\u00e4higer Stromversorgung in einem Umfang von rund 45 Gigawatt installierter Nettoleistung in Deutschland wegschl\u00e4gt, ohne dass hierf\u00fcr eine realistische, grundlastf\u00e4hige Alternative\u201c f\u00fcr den in der Industrie ben\u00f6tigten Bedarf in Sicht ist.<\/p>\n

\u201eWind- und Solarkraftwerke k\u00f6nnen keine Grundlastf\u00e4higkeit bzw. gesicherte Leistung bieten. Dann bleibt m\u00f6glicherweise nur Kohle- oder Atomstrom aus dem Ausland \u2013 wenn denn die Leitungen daf\u00fcr vorhanden sind, wir tats\u00e4chlich von dort beliefert werden und das Ausland unserem Beispiel beim Kohle- und Atomausstieg nicht folgt\u201c, bef\u00fcrchtet die Industrie im Positionspapier. \u201eGanz zu schweigen von den dadurch zu erwartenden Preissteigerungen und deren Auswirkungen auf die Wettbewerbs- und damit \u00dcberlebensf\u00e4higkeit der energieintensiven Industrie am Standort Deutschland. \u201c<\/p>\n

Die Reinvestitionsquote der energieintensiven Industrie in Deutschland liegt bereits seit dem Jahr 2000 unter den Abschreibungen. Eine schleichende Deindustrialisierung ist hier bereits seit Jahren in Gang, dabei haben sich gerade in den vergangenen 20 Jahren die Produktionsleistungen in Bayern und in Deutschland als Basis einer sicheren Wirtschaft erwiesen.<\/p>\n

\u201eZu allem \u00dcberfluss werden jetzt auch noch die dringend ben\u00f6tigten HG\u00dc-Leitungen durch Teile der Bayerischen Staatsregierung mit unterschiedlichsten Begr\u00fcndungen wieder in Frage gestellt, deren technische Notwendigkeit in dem am 4. Februar 2019 der Bundesnetzagentur \u00fcbergebenen aktuellen Netzentwicklungsplan 2030 von den vier Netzbetreibern nicht nur best\u00e4tigt wird \u2013 vielmehr wird darin sogar ein dar\u00fcber hinausgehender Bedarf an zwei zus\u00e4tzlichen HG\u00dc-Leitungen mit einer Kapazit\u00e4t von vier Gigawatt \u00dcbertragungsleistung festgestellt\u201c, warnt das Positionspapier.<\/p>\n

HG\u00dc-Leitungen dringend ben\u00f6tigt<\/strong>
\nIm gesamten Ma\u00dfnahmenb\u00fcndel sieht die Industrie die HG\u00dc-Leitungen als einen \u201edringend ben\u00f6tigten Baustein f\u00fcr die Versorgungssicherheit Bayerns.\u201c Das Infragestellen der Leitungen sei \u201enicht nur ein weiterer Schlag gegen die Versorgungssicherheit in Bayern\u201c, sondern werde zudem \u201eunweigerlich zu einer zweiten, teureren Preiszone im S\u00fcden f\u00fchren.\u201c Bis dahin bef\u00fcrchtet die Industrie Kosten, unter anderem f\u00fcr Redispatch-Ma\u00dfnahmen zur Sicherung der Netzstabilit\u00e4t, die sich schon heute in einer Gr\u00f6\u00dfenordnung von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr bewegen und weiter ansteigen werden.<\/p>\n

Um die L\u00fccke von ca. 40 Terawattstunden Arbeit zu schlie\u00dfen, w\u00e4ren laut einer Darstellung des Netzbetreibers Tennet rund 13 000 Windr\u00e4der oder rund 2 Millionen Photovoltaik-Anlagen in Bayern erforderlich \u2013 ohne dass dadurch mit volatilem Strom das Grundlastproblem (Stichwort \u201eDunkelflaute\u201c) gel\u00f6st w\u00e4re. \u201eSpeichertechnologien (zum Beispiel f\u00fcr eine \u201eDunkelflaute\u201c) in den f\u00fcr den industriellen Bedarf erforderlichen Dimensionen stehen \u2013 wenn \u00fcberhaupt \u2013 noch lange nicht zur Verf\u00fcgung.<\/p>\n

Mit Blick auf geforderte Einsparungen verweist die Industrie auf eine ansehnliche Bilanz: \u201eDie energieintensive Industrie arbeitet nat\u00fcrlich schon aus wirtschaftlichem Interesse seit langem daran, m\u00f6glichst viel Energie einzusparen. So hat sich zum Beispiel in der Chemie im Zeitraum von 1990 bis 2017 die Produktion um 69 Prozent erh\u00f6ht, der Energieverbrauch gleichzeitig aber um 14 Prozent reduziert. Im selben Zeitraum ist auch die Emission der Treibhausgase um 48 Prozent gesunken.\u201c<\/p>\n

Das Einsparpotenzial sto\u00dfe aber an physikalische Grenzen: \u201eStrom ist bei chemischen Prozessen ,Rohstoff\u2018, der sich nicht beliebig reduzieren l\u00e4sst, ohne den Prozess insgesamt zu gef\u00e4hrden. Eine Senkung des Stromverbrauchs ist dann nur noch durch eine Reduktion der Produktion zu erreichen.\u201c Und das wiederum w\u00fcrde Arbeitspl\u00e4tze kosten.<\/p>\n

Der Vorschlag, \u201edie Versorgungssicherheit mit vielen kleinen Gaskraftwerken in Bayern sicherzustellen und dadurch die HG\u00dc-Leitungen einzusparen, scheitert bereits heute am bestehenden Strommarktdesign.\u201c Eine \u00c4nderung dahingehend, dass Gaskraftwerke rentabel betrieben werden k\u00f6nnen, bedeute zwingend eine Erh\u00f6hung der Strompreise mit den entsprechenden Folgen f\u00fcr die energieintensive Industrie, kalkulieren die Chemieverb\u00e4nde und folgern:<\/p>\n

\u201eUns fehlt bis dato die Fantasie, uns vorzustellen, wie unter dem Regime der EU-Beihilfe-Richtlinien ein Anreizsystem f\u00fcr einen rentablen Betrieb bayerischer Gaskraftwerke aussehen soll, solange im Norden \u00dcberschussstrom zur Verf\u00fcgung steht und die beschlossenen HG\u00dc-\u00dcbertragungsleitungen nach Bayern von Teilen der Bayerischen Staatsregierung wieder in Frage gestellt werden.<\/p>\n

Ganz abgesehen von der Frage, wer die f\u00fcr einen rentablen Betrieb von Gaskraftwerken erforderlichen Subventionskosten \u00fcbernehmen soll, die eine energieintensive Industrie in Bayern nicht tragen kann, wenn sie international wettbewerbsf\u00e4hig produzieren und Arbeitspl\u00e4tze in Bayern erhalten soll.<\/p>\n

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Quelle: Alt-Neu\u00f6ttinger\/Burghauser Anzeiger\/Passauer Neue Presse<\/em><\/p>\n

Originaldarstellung des Artikels<\/span><\/a><\/p>\n<\/div>\n

Das Positionspapier der Bayerischen Chemieverb\u00e4nde finden Sie hier<\/span><\/strong><\/a><\/p>\n

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Bildquelle: pixabay_power-597169<\/em><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Strom und die Angst vor dem Absturz Erstellt von „Artikel 19. 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