{"id":6456,"date":"2018-05-09T11:29:21","date_gmt":"2018-05-09T09:29:21","guid":{"rendered":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/?p=6456"},"modified":"2020-11-06T15:48:27","modified_gmt":"2020-11-06T14:48:27","slug":"wirtschaftliche-lage-die-luft-wird-duenner","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/wirtschaftliche-lage-die-luft-wird-duenner\/","title":{"rendered":"Wirtschaftliche Lage: Die Luft wird d\u00fcnner"},"content":{"rendered":"
Die wirtschaftliche Lage in der chemisch-pharmazeutischen Industrie im ersten Quartal 2018 ist weiterhin gut. Wie schon Ende des vergangenen Jahres ergeben sich auch in den ersten Monaten des Jahres 2018, jeweils verglichen mit den entsprechenden Monaten vom Jahresanfang 2017, Steigerungen bei Produktion und Umsatz von rund 7 Prozent. Gegen\u00fcber dem vierten Quartal 2017 zeigt sich jedoch kaum noch Wachstum. Auch einige weitere Indikatoren deuten auf eine Abschw\u00e4chung hin.<\/em><\/p>\n Die Entgelte in der Branche lagen 2017 ebenfalls auf einem Spitzenniveau. Der durchschnittliche Bruttojahresverdienst aller Vollzeitbesch\u00e4ftigten in der Branche betrug 67.408 Euro. Seit dem Beginn des Jahrzehnts ist dieser Wert um gut 21 Prozent gestiegen. Im Vergleich mit dem gesamten Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland, also allen Unternehmen der Industrie, liegt das Verdienstniveau der Chemie um 23 Prozent h\u00f6her.<\/p>\n Betrachtet man nur die Tarifbesch\u00e4ftigten in den Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie, l\u00e4sst also Leitende Angestellte und h\u00f6here F\u00fchrungskr\u00e4fte au\u00dfen vor, so lag das Einkommen im letzten Jahr im Durchschnitt bei gut 59.000 Euro (Vollzeit). Das Niveau der Tarifentgelte hat sich dabei in den letzten Jahren dynamisch entwickelt: Seit 2010 stiegen allein die tariflichen Tabellenwerte um 20,4 Prozent. Nicht verwunderlich, dass auch die Lohnst\u00fcckkosten in diesem Zeitraum um stolze 22 Prozent nach oben geschossen sind.<\/p>\n Die Steigerungen der Entgelte seit 2010 \u00fcbertreffen damit die Entwicklung der anderen Kennziffern der Branche deutlich – trotz der wirtschaftlichen Dynamik in 2017. Der Umsatz stieg seit Beginn des Jahrzehnts von 171 Milliarden Euro auf 195 Milliarden Euro, also um 14 Prozent. Die Produktion konnte um 7 Prozent ausgeweitet werden; die Produktivit\u00e4t lag trotz positiver Entwicklung im Jahresverlauf 2017 weiter um fast 2 Prozent unter dem Ausgangswert von 2010. Die wirtschaftliche Entwicklung der Branche hat 2017 also nur einen Teil dessen nachgeholt, was die Verdienste der Besch\u00e4ftigten in den Vorjahren an Dynamik bereits vorweggenommen hatten.<\/p>\n Auch in den Betrieben der kapitalintensiven Chemie-Industrie spielen die Arbeitskosten f\u00fcr die Wettbewerbsf\u00e4higkeit weiterhin eine entscheidende Rolle. Der Anteil der Arbeitskosten am Umsatz ist je nach hergestellten Produkten sehr unterschiedlich. In vier von zehn Betrieben in den Chemie-Arbeitgeberverb\u00e4nden liegt er aber \u00fcber 25 Prozent.<\/p>\n Mit gut 60 Prozent arbeitet die gro\u00dfe Mehrheit der Besch\u00e4ftigten in Betrieben, in denen dieser Anteil bei \u00fcber 20 Prozent liegt. Steigerungen der Arbeitskosten haben somit direkte Auswirkungen auf die Ertragssituation und die Wettbewerbsf\u00e4higkeit der Betriebe. Und die Chemie-Arbeitskosten liegen im internationalen Vergleich weiterhin in der Spitzengruppe. Nach den aktuellen Daten aus 2016 lagen sie nur in Belgien leicht \u00fcber denen in Deutschland. Im Vergleich zu allen anderen L\u00e4ndern musste Deutschland einen Arbeitskostennachteil ausgleichen.<\/p>\n Ein genauerer Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung der chemisch-pharmazeutischen Industrie offenbart: Die hohe Dynamik hat vor allem im Sommer und Herbst 2017 stattgefunden. Seitdem befinden sich die wichtigen Daten zwar weiterhin auf dem im vierten Quartal des letzten Jahres erreichten hohen Niveau, aber sie stagnieren. Sie entwickeln sich nicht mehr weiter nach oben. So stieg die Produktion – in arbeitst\u00e4glich- und saisonbereinigter Betrachtung – von Juni bis November 2017 praktisch von Monat zu Monat um insgesamt 6 Prozent an. Von November 2017 bis Februar 2018 ergab sich jedoch keinerlei weitere Steigerung mehr. Die auch zum Jahresbeginn 2018 ausgewiesenen Steigerungsraten ergeben sich nur noch aus dem Vergleich mit den entsprechenden Monaten vom Jahresanfang 2017 – und damit mit den Werten vor der dynamischen Entwicklung im Sommer und Herbst 2017.<\/p>\n Offensichtlich war die vergleichsweise hohe Dynamik der Entwicklung im zweiten Halbjahr 2017 eine Sondersituation. Zum Jahresanfang 2018 hingegen ist die wirtschaftliche Unsicherheit wieder gewachsen; zudem sind in einigen Bereichen Kapazit\u00e4tsgrenzen erreicht, die weiteres Wachstum schwierig machen. Es spricht vieles daf\u00fcr, dass die Branche selbst in Zeiten einer grunds\u00e4tzlich positiven Wirtschaftslage wieder auf den moderateren Wachstumspfad einschwenkt, auf dem sie sich seit 2010 befunden hat – schon weil sich an ihrer grunds\u00e4tzlichen Position und den Herausforderungen f\u00fcr die deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie im internationalen Wettbewerb keine nachhaltigen Ver\u00e4nderungen ergeben haben.<\/p>\n Die weitere Entwicklung im Jahresverlauf wird somit voraussichtlich von geringeren Zuw\u00e4chsen gepr\u00e4gt sein – auch wenn sich statistisch bedingt im Vergleich mit der ersten Jahresh\u00e4lfte 2017 noch eine Zeit lang positive Daten ergeben werden. F\u00fcr eine verhaltenere Entwicklung spricht auch die zuletzt wieder deutlich gestiegene wirtschaftliche und politische Unsicherheit. Diese spiegelt sich in einer Vielzahl von Indikatoren wider: Der ZEW-Index, der die Stimmung unter Finanzinvestoren abbildet, fiel im April um 13,3 Punkte auf einen Wert von minus 8,2 – den niedrigsten seit Ende 2012. Er liegt damit unter dem langj\u00e4hrigen Durchschnitt. Der \u00bbpolicy uncertainty index\u00ab der gleichnamigen Forschungsgruppe hatte zum Jahreswechsel 2017\/18 den tiefsten Stand seit Ende 2015 erreicht – und ist seitdem von 109 auf \u00fcber 150 Punkte angestiegen. Gleichzeitig fiel der ifo-Gesch\u00e4ftsklimaindex f\u00fcr die deutsche Industrie von Januar bis April um sieben Punkte und liegt unter dem Wert vom April 2017.<\/p>\n In ihrem j\u00fcngst ver\u00f6ffentlichten Fr\u00fchjahrsgutachten gehen die f\u00fchrenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute zwar f\u00fcr 2018 weiterhin von einem soliden Wachstum von 2,2 Prozent aus. Zugleich warnen sie aber auch vor einer deutlich nachlassenden Dynamik schon im Jahresverlauf und prognostizieren, dass den Unternehmen zunehmend ein st\u00e4rkerer Wind entgegenwehen wird. Auf Deutschland bezogen werden kurzfristig Risiken vor allem in Engp\u00e4ssen bei Fachkr\u00e4ften, punktuellen \u00dcberhitzungen und dem Erreichen von Kapazit\u00e4tsgrenzen gesehen. Auf globaler Ebene spielen hier neben der politischen Situation in vielen Weltregionen vor allem beginnende Handelskonflikte eine Rolle, die die bisher positive Entwicklung der Weltwirtschaft in Frage stellen.<\/p>\nVerdienste auf Spitzenniveau<\/strong><\/h3>\n
Arbeitskosten und Wettbewerbsf\u00e4higkeit<\/strong><\/h3>\n
Dynamik schwindet<\/strong><\/h3>\n
Unsicherheit nimmt zu<\/strong><\/h3>\n