{"id":4452,"date":"2015-06-03T10:55:13","date_gmt":"2015-06-03T08:55:13","guid":{"rendered":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/?p=4452"},"modified":"2020-11-05T14:00:56","modified_gmt":"2020-11-05T13:00:56","slug":"tarifautonomie-tarifeinheit-wieder-hergestellt","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/tarifautonomie-tarifeinheit-wieder-hergestellt\/","title":{"rendered":"Tarifautonomie: Tarifeinheit wieder hergestellt"},"content":{"rendered":"
Nach dem Grundsatz der Tarifeinheit gilt in einem Betrieb nur ein einziger Tarifvertrag, der die Arbeitsbedingungen f\u00fcr alle Besch\u00e4ftigten regelt: ein Betrieb \u2014 ein Tarifvertrag. Dieser Tarifvertrag differenziert, wenn es um Eingruppierung und daran ankn\u00fcpfendes Entgelt geht, nach den verschiedenen Funktionen und Aufgaben der Besch\u00e4ftigten. Da im Betrieb (bisher) nur ein Tarifvertrag Anwendung finden konnte, beschr\u00e4nkten sich zul\u00e4ssige Arbeitsk\u00e4mpfe auf die Aushandlung dieses Tarifvertrages. Diesem funktionsf\u00e4higen und friedenssichernden System drohte das Ende, denn das Bundesarbeitsgericht hat dem Grundsatz der Tarifeinheit 2010 die rechtliche Geltung abgesprochen. Mit dem Gesetz zur Tarifeinheit, das Ende Mai im Bundestag verabschiedet wurde, wird nun dieser Grundsatz wieder hergestellt.
\nSpartengewerkschaften profilieren sich<\/p>\n
Die gesetzliche Regelung ist notwendig, denn die Aufgabe der Tarifeinheit h\u00e4tte schwerwiegende Konsequenzen: Bereits seit einigen Jahren profilieren sich Gewerkschaften, die nicht nach Branchen, sondern nach Berufsgruppen organisiert sind, so zum Beispiel Cockpit (Piloten) oder GdL (Lokomotivf\u00fchrer).<\/p>\n
Tarifvertr\u00e4ge schlie\u00dfen diese Spartengewerkschaften nur f\u00fcr ihre Berufsgruppe ab, auch wenn diese in einem Betrieb nur einen Teil der Belegschaft ausmacht. Kommt eine Einigung mit der Arbeitgeberseite nicht zustande, kann daraus ein Arbeitskampf entstehen. Die Gewerkschaft ruft diejenigen, f\u00fcr die sie einen Tarifvertrag abschlie\u00dfen will, zur Arbeitsniederlegung auf. Die Auswirkungen einer solchen Arbeitsniederlegung gehen jedoch weit \u00fcber die jeweilige Berufsgruppe hinaus. Da diese regelm\u00e4\u00dfig eine \u00bbSchl\u00fcsselstellung\u00ab f\u00fcr den gesamten Betriebsablauf hat, steht h\u00e4ufig der ganze Betrieb still. Ein Beispiel hierf\u00fcr ist der lang andauernde Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und der GdL mit gravierenden Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft.<\/p>\n
Betriebsfrieden w\u00e4re ohne Tarifeinheit gef\u00e4hrdet<\/strong><\/p>\n Dieser Gefahr steht der Grundsatz der Tarifeinheit entgegen. Wenn es einen f\u00fcr alle Besch\u00e4ftigten geltenden Tarifvertrag gibt, dann gilt die Friedenspflicht f\u00fcr alle, die unter diesen Tarifvertrag fallen. Eine Spartengewerkschaft darf daher ihre Mitglieder nicht zu einer Arbeitsniederlegung aufrufen, wenn im Betrieb ein Tarifvertrag besteht, der f\u00fcr die gesamte Belegschaft gilt \u2014 also auch f\u00fcr die Angeh\u00f6rigen der betreffenden Berufsgruppe.<\/p>\n Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts \u2014 die Tarifeinheit sei kein rechtlich wirksamer Grundsatz der Tarifautonomie \u2014 war seit 2010 der beschriebenen Ausnutzung einer Schl\u00fcsselstellung im Betrieb T\u00fcr und Tor ge\u00f6ffnet. Spartengewerkschaften haben ein erhebliches Druckpotential, nicht weil sie viele Besch\u00e4ftigte repr\u00e4sentieren, sondern weil ihre Mitglieder Schl\u00fcsselstellungen im Betrieb innehaben und damit in der Lage sind, als Minderheit den gesamten Betrieb stillzulegen. Die bisherige Solidarit\u00e4t der Belegschaft drohte damit zu verschwinden. Einzelne Berufsgruppen k\u00f6nnten aufgrund ihrer Schl\u00fcsselstellung f\u00fcr sich besondere Arbeitsbedingungen durchsetzen, andere k\u00f6nnten dies nicht. Um dies zu verhindern, hat der Gesetzgeber mit dem Tarifeinheitsgesetz nun gehandelt: Denn Deutschland braucht Stabilit\u00e4t statt Streikchaos.<\/p>\n Gesetzliche Regelung ist verfassungskonform<\/strong><\/p>\n Am 11. Dezember 2014 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Tarifeinheit beschlossen und den gesetzgebenden K\u00f6rperschaften, Bundestag und Bundesrat, zur Beschlussfassung zugeleitet. Seither wird das Gesetz durch eine intensive verfassungsrechtliche Diskussion begleitet. Kernpunkt des neuen Gesetzes ist die Aufl\u00f6sung von Tarifkollisionen, indem im Falle des \u00dcberschneidens von Geltungsbereichen mehrerer Tarifvertr\u00e4ge in einem Betrieb nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft anwendbar ist, an den die Mehrzahl der Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb gebunden ist. Mittlerweile haben mehrere renommierte Gutachter die Verfassungskonformit\u00e4t best\u00e4tigt.<\/p>\n Mit der Verabschiedung des Tarifeinheitsgesetzes im Bundestag wird nun wieder Rechtssicherheit hergestellt, die Zerfaserung der Tarifautonomie durch immer neue Spartengewerkschaften verhindert. So wird der lange geltende und bew\u00e4hrte Zustand fortgeschrieben, der \u00fcber viele Jahre nicht nur den Unternehmen, sondern auch den Mitarbeitern die Sicherheit gab, zu wissen, welcher Tarifvertrag mit welchen tarifvertraglichen Regelungen f\u00fcr sie zur Anwendung kommt. Das Gesetz zur Tarifeinheit wird voraussichtlich noch diesen Sommer in Kraft treten.<\/p>\n Standpunkt von BAVC-Pr\u00e4sidentin Margret Suckale<\/strong><\/p>\n \u00bbUnternehmen brauchen Rechtssicherheit. Es kann nicht sein, dass f\u00fcr dieselbe Berufsgruppe mehrere Tarifvertr\u00e4ge Geltung beanspruchen. Diese Kollision muss nach festgelegten Grunds\u00e4tzen aufgel\u00f6st werden. Im Idealfall geschieht das durch entsprechende Vereinbarungen der Tarifpartner. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass dies in vielen F\u00e4llen nicht gelingt. Daher musste hier jetzt der Gesetzgeber t\u00e4tig werden. Die L\u00f6sung der Tarifkollision nach einem Mehrheitsprinzip entspricht demokratischen Grunds\u00e4tzen. Viele beneiden uns in Deutschland um unsere gute Sozialpartnerschaft und den sozialen Frieden in unseren Betrieben. Dieses hohe Gut d\u00fcrfen wir nicht aufs Spiel setzen. Daher ist die Regelung zur Tarifeinheit ein wichtiges Signal f\u00fcr den Standort Deutschland.\u00ab<\/p>\n <\/p>\n Quelle: BAVC<\/em><\/p>\n Bildquelle: istock-1278776769<\/em><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Nach dem Grundsatz der Tarifeinheit gilt in einem Betrieb nur ein einziger Tarifvertrag, der die Arbeitsbedingungen f\u00fcr alle Besch\u00e4ftigten regelt: ein Betrieb \u2014 ein Tarifvertrag. Dieser [\u2026]<\/span><\/p>\n","protected":false},"author":8,"featured_media":8837,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_acf_changed":false,"ngg_post_thumbnail":0,"footnotes":""},"categories":[85],"tags":[55,133,485,346],"class_list":["post-4452","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-tarifpolitik","tag-bavc","tag-margret-suckale","tag-tarifautonomie","tag-tarifeinheit"],"acf":[],"yoast_head":"\n