{"id":13044,"date":"2022-08-02T12:40:14","date_gmt":"2022-08-02T10:40:14","guid":{"rendered":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/?p=13044"},"modified":"2022-08-02T12:56:57","modified_gmt":"2022-08-02T10:56:57","slug":"vdl-interview-mit-dr-carl-epple","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/vdl-interview-mit-dr-carl-epple\/","title":{"rendered":"VdL – Interview mit Dr. Carl Epple"},"content":{"rendered":"
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01.08.2022<\/i><\/p>\n
Interview mit Dr. Carl Epple<\/strong><\/p>\n <\/p>\n Dr. Carl Epple (55) wurde auf der Jahresmitgliederversammlung in Baden-Baden am 18. Mai 2022 ins Pr\u00e4sidium des VdL gew\u00e4hlt. Der promovierte Chemiker hat in der Schweiz studiert und f\u00fchrt das Unternehmen Epple Druckfarben AG seit 2007 in vierter Generation. Epple ist verheiratet, hat einen Sohn und wohnt in Augsburg. Wir stellen den passionierten Skifahrer und Reiter in unserem Interview vor.\u00ad<\/strong> Diese \u201e150 Jahre Epple\u201c haben wir mit Historikern erarbeitet. Tats\u00e4chlich hat das Unternehmen in Radebeul bei Dresden seine Urspr\u00fcnge. Mein Gro\u00dfvater war aus Augsburg dorthin gegangen und hatte zwei Firmen zur Herstellung von Farben gef\u00fchrt. Aber nach dem Krieg wurde alles enteignet, mein Gro\u00dfvater kehrte zur\u00fcck nach Augsburg und hat angefangen, unter dem Namen \u201eCarl Epple\u201c Druckfarben zu produzieren. Mein Vater und meine Tante haben die Firma dann in den 1950er Jahren \u00fcbernommen und auf die andere Seite von Augsburg nach Neus\u00e4\u00df umgezogen, wo wir noch heute produzieren.<\/p>\n Die Bedeutung von Farbe f\u00fcr die Familie ist mir erst sp\u00e4ter richtig bewusst geworden. Als Kind war mir nur klar, da gibt es ein Unternehmen, da steckt der Vater unheimlich viel Zeit rein, und es steht immer an erster Stelle. Und im Supermarkt war ich ein Konsument wie jeder andere. Eine Ausnahme f\u00e4llt mir gerade ein: Wir waren Zulieferer f\u00fcr die Verpackung von Melitta-Kaffeefilter, also spielten \u201eMelitta-Gr\u00fcn\u201c und \u201eMelitta-Rot\u201c immer eine wichtige Rolle im Haus und am Fr\u00fchst\u00fcckstisch.<\/p>\n Nein, so vorbestimmt war das nie bei mir. Die Chemie war ein Fach, das auf meinem humanistischen Gymnasium relativ sp\u00e4t kam. Da hatte man schon F\u00e4cher vergeigt oder war nicht so flei\u00dfig gewesen und konnte hier gut punkten. Und da meine Interessen zwischen Biologie und Chemie angesiedelt waren, entschied ich mich dann f\u00fcr das Studium in Bern und Z\u00fcrich. Das war auch die richtige Entscheidung, mich hatte das alles wahnsinnig interessiert. F\u00fcr meinen sp\u00e4teren Job war das am Ende nat\u00fcrlich von Vorteil. Klar stellt sich dann fr\u00fcher oder sp\u00e4ter die Frage, ob man ins elterliche Unternehmen einsteigt. Und es war relativ klar, dass ich nach einer Promotion nicht nochmal meine akademische Laufbahn verl\u00e4ngere. Was tun? Geht man in die Industrie oder in das Familienunternehmen? Dort war gerade eine spannende Zeit mit einer Wachstumsoption.<\/p>\n Ich hatte schon mitbekommen, dass wir 1995 mit mineral\u00f6lfreien Offsetdruckfarben einen gro\u00dfen Wurf gemacht hatten, und zeitgleich war Epple mit einer schnell trocknenden Farbe unterwegs. Spannend war aber, dass viele der damaligen Bogenoffsetfarben auf den neuen Sch\u00f6n-und-Widerdruck-Druckmaschinen nur m\u00e4\u00dfig funktionierten. Der erwartete und propagierte Produktivit\u00e4tsvorteil drohte also verlustig zu gehen. Unsere Farben konnten das gut, das wurde zu einem Verkaufshit. \u00dcbrigens haben Verb\u00e4nde und Konkurrenz uns damals angegriffen, man k\u00f6nnen nicht ohne Mineral\u00f6l formulieren. Heute ist das Standard und gang und g\u00e4be. So kam es, dass ich mich am Ende f\u00fcr Epple entschied.<\/p>\n Im Studium bin ich den klassischen Weg gegangen und habe mich sp\u00e4ter auf organische Chemie spezialisiert. In meiner Promotion ging es darum, modifizierte DNA-Molek\u00fcle synthetisch herzustellen. Wenn man ehrlich ist, ist die \u201eFarbchemie\u201c eines Druckfarbenherstellers auch eher ein Formulieren: Rohstoffe ausw\u00e4hlen, zusammenmischen und optimieren. Angefangen habe ich bei Epple dann als Leiter Forschung und Entwicklung, und da liegt bis heute mein Interessensschwerpunkt. 2003 habe ich einen berufsbegleitenden MBA gemacht, das war hilfreich, um andere Unternehmer kennenzulernen \u2013 was sie besser machen und was schlechter.<\/p>\n Farben und Drucken haftet immer auch das Thema Kunst oder Kunstwerke an. Das war auch lange ein Selbstverst\u00e4ndnis in der Branche. Aber heute versucht man durch standardisierte Arbeitsweisen in Richtung industrieller Prozesse zu kommen. Wobei gerade bei der Bogenoffsetfarbe klar ist, dass man nie an eine Standardisierung wie etwa beim Autoserienlack rankommen wird; aber standardisierte Herstellung ist ein wichtiges Ziel. Die Emotionalit\u00e4t der Produkte liegt eher bei den Druckereien, die Umsetzung ist ja auch wirklich spannend, und Farbe transportiert auch immer Emotionen. Das l\u00e4uft dann aber eher in den Bereichen Druckerei, Vorstufe, Agentur ab, die dann am Ende das rauskitzeln, was Farbe wirklich kann.<\/p>\n Naja, es ist doch das Schicksal eines Mittelst\u00e4ndlers, dass er sich dauernd neu erfinden muss! Bisher haben wir es immer geschafft, im Lauf von etwa vier Jahren p\u00fcnktlich zur Messe „drupa“ Innovationen herauszubringen, die die Branche beeinflusst haben. Ich sehe keine \u201eDauerkrise\u201c, aber sicher ein schwieriges Umfeld. Generell stehen Printprodukte f\u00fcr den t\u00e4glichen Bedarf unter erheblichem Druck, und der ist durch Covid 19 und Lieferengp\u00e4sse weiter gestiegen. Die Branche sortiert sich definitiv, und man muss gucken, wie man zu Rande kommt. Druck wird existent bleiben. Alles auf Faser und Papier bekommt zurzeit einen neuen Aufwind, schon durch das politische Umfeld wie den Green Deal oder die Diskussion um Plastik und Mikroplastik. Die Portionierungen werden anders sein, und da muss jeder seinen Platz finden. Flyer, Kalender, Prospekte werden weniger, aber Verpackungsdruck wird stabil sein, da wird es Themen geben, die bearbeitet werden m\u00fcssen. Manche nehmen bei Innovationen und Neuerungen etwas das Tempo raus. Aber f\u00fcr mein Unternehmen kann ich sagen, wir wollen weiter nach vorne gehen.<\/p>\n (lacht)<\/em> Zurzeit gibt es zwei Themen, die uns besonders besch\u00e4ftigen. Zun\u00e4chst ist alles spannend und richtig anspruchsvoll, was in den Bereich \u201edirect food contact\u201c geht. Au\u00dferdem liegt mir unser neues Projekt \u201ePURe\u201c sehr am Herzen. Das haben wir auf Epple-F\u00fc\u00dfen entwickelt, jetzt aber als eigenst\u00e4ndiges Startup ausgegliedert. Das ist eine komplett neue Farbtechnologie und hat viele Vorteile hinsichtlich Nachhaltigkeit.<\/p>\n Kleine und mittlere Unternehmen k\u00f6nnen schneller handeln, haben in t\u00e4glichen Fragen mehr Freiheit. Aber man muss sich den Konzentrationsprozessen entgegenstellen. Man hat eine Chance, solange man \u00fcber einer kritischen Gr\u00f6\u00dfe liegt. Bei uns geben 250 Mitarbeiter t\u00e4glich ihr bestes, international sind wir rund 350. Viele Kunden sch\u00e4tzen diese N\u00e4he, die Flexibilit\u00e4t und die kurzen Entscheidungswege. Da k\u00f6nnen sie manches in kleineren Einheiten schneller abwickeln. Von Spezialt\u00e4ten alleine kann man aber nicht leben, und bei den gro\u00dfen Volumenprodukten muss man in Schlagweite der Gro\u00dfen auf der Kostenseite bleiben.<\/p>\n Kunden sch\u00e4tzen den Ansprechpartner und die schnelle Umsetzung ihrer W\u00fcnsche. Aber Kundentreue hat in den letzten Jahren stark gelitten, das Kommerzielle steht im Vordergrund. Au\u00dfendienst und pers\u00f6nliche Beziehungen sind zur\u00fcckgegangen. Auch technische L\u00f6sungen fallen beim kommerziellen Abw\u00e4gen oft hinten runter, weil der reine Einkaufspreis z\u00e4hlt und nicht die Gesamtbetrachtung im Prozess. Man muss Kunden Dinge erm\u00f6glichen, sich zu kennen reicht heute nicht mehr. Eine Balance zwischen Wettbewerbsf\u00e4higkeit und M\u00f6glichkeiten f\u00fcr den Kunden zu schaffen, das ist die Herausforderung f\u00fcr den Mittelst\u00e4ndler.<\/p>\n Kompetenz, die muss man ausstrahlen. Dann Flexibilit\u00e4t. Und Innovationsfreude, die beweist, dass man mit den Gro\u00dfen in einer Liga spielt. Ein kurzer Weg zur Gesch\u00e4ftsf\u00fchrung ist f\u00fcr manchen auch f\u00f6rderlich.<\/p>\n Die letzten Jahre waren f\u00fcr unsere Branche unglaublich schwierig. Die Rohstoffpreise galoppieren so davon, dass inzwischen die Rentabilit\u00e4t der Unternehmen in Frage steht, und das auf einem ohnehin schon gebeutelten Markt. Es gibt ein wahnsinniges Spannungsfeld bei den Rohstoffpreisen und den Verf\u00fcgbarkeiten, die alles andere \u00fcberlagern. Seit drei Jahren folgt ein Problem auf das n\u00e4chste und man ist im permanenten Krisenmanagement. Schwieriger Markt, Pandemie, Containerkrise, Verf\u00fcgbarkeit, Russland\/Ukraine-Konflikt, Null-Covid-Strategie in China \u2026 Das ist auf die Dauer zerm\u00fcrbend.<\/p>\n Ich nehme seit vielen Jahren Aufgaben im Verband wahr. Vor vielen Jahren habe ich meinen Vater in der TK Druckfarbe abgel\u00f6st. Bald ging es los mit Problemen wie ITX (Anm. d. Red.: 2005 wurden R\u00fcckst\u00e4nde dieses Rezepturbestandteils in UV-Lacken und -Farben aus Verpackungen in Babymilch festgestellt)<\/em>, bei denen sich die Druckfarbe aufstellen musste. Dann wurde klar, dass das alles Probleme sind, die auf europ\u00e4ischer Ebene gel\u00f6st werden m\u00fcssen. Bald kam PIFOOD, dann PIFOOD Vision, dann wurde ich Vorsitzender der TK. Ich war also immer technisch unterwegs, musste aber in dieser Funktion auch in der Fachgruppe pr\u00e4sentieren. Nach der Anfrage des bayrischen Landesverbandes vor drei Jahren kam jetzt die Anfrage, ob das VdL-Pr\u00e4sidium etwas f\u00fcr mich w\u00e4re. Nat\u00fcrlich sollte die Druckfarbe im Pr\u00e4sidium vertreten sein, das unterst\u00fctze ich gerne.<\/p>\n Ich will gerne die Stimme der Druckfarbe im Pr\u00e4sidium sein und vielleicht andere von den Themen partiziperen lassen, die wir als Druckfarbe bereits weitergetrieben haben, besonders in der chemikaliengesetzgebung oder bei Lebensmittelverpackungen. Der Verband soll ein Forum sein. Hier kann man Themen aufschnappen und Positionen h\u00f6ren lassen, sonst hat man au\u00dferhalb seines Bereichs ja eher weniger Kontakt und die anderen Themen aus anderen Sektoren selten auf dem Schirm. Unsere Ber\u00fchrungspunkte gibt es zu grafischen Lacken und Klebstoffen, aber Schnittpunkte zu anderen Lackherstellern sind eher selten. Da kann ich auch f\u00fcr mich pers\u00f6nlich viel rausziehen. Auf der technischen Seite ging das immer gut, jetzt bin ich auf so manches N\u00e4hk\u00e4stchen gespannt.<\/p>\n Ich w\u00fcrde ihm auf jeden Fall raten, Unternehmer zu werden, wenn das seiner Pers\u00f6nlichkeit entgegenkommt. Die Freiheit, Dinge machen zu k\u00f6nnen, ist einfach spannend. Die Branche will aber gut gew\u00e4hlt sein, und es reicht nicht, dass schon etwas da ist. Aber wenn wir endlich wieder in einen gestalterischen Prozess kommen, w\u00fcrde ich auch bei Farben zuraten. So habe ich das damals auch entschieden. Klare Abw\u00e4gung: Macht es Sinn? Und Spa\u00df machen soll es ja auch. Das hat ja alles noch Zeit, er ist 12 Jahre alt.<\/p>\n Gelb, ganz einfach, weil es schon immer so war.<\/p>\n Das Interview f\u00fchrte Alexander Schneider.<\/em><\/sup><\/p>\n <\/p>\n<\/div>\n<\/div>\n<\/div>\n<\/div>\n<\/div>\n<\/div>\n<\/p>\n
\n <\/p>\nHerr Dr. Epple, Sie wurden im Mai in das VdL-Pr\u00e4sidium gew\u00e4hlt und verst\u00e4rken dort die Gruppe der Familieninhaber. Hinter Ihrem Unternehmen stehen 150 Jahre Geschichte, damit d\u00fcrften Sie einer der \u00e4ltesten deutschen Druckfarbenhersteller sein?<\/strong><\/h5>\n
Gro\u00dfvater, Vater, Tante \u2013 wie wird man in einer Unternehmerfamilie gro\u00df, in der sich \u00fcber Generationen alles um das Thema Druckfarben dreht?<\/strong><\/h5>\n
Ihr beruflicher Werdegang war bei dieser Tradition und einem Chemiestudium bestimmt fr\u00fch vorgezeichnet?<\/strong><\/h5>\n
Welche spannende Option gab es denn?<\/strong><\/h5>\n
Haben Sie sich immerhin fr\u00fchzeitig f\u00fcr Farbchemie interessiert?<\/strong><\/h5>\n
Wenn Sie Farbe als Formel sehen, was ist dann das Spezielle an Farbe, das Besondere?<\/strong><\/h5>\n
Druckfarbe ist ein \u00fcberschaubarer, spezieller Bereich. Man sagt ihr seit Jahren eine Dauerkrise nach\u2026<\/strong><\/h5>\n
Wenn Sie schon dabei sind: Haben Sie aktuell ein Lieblingsprodukt, mit dem Sie nach vorne gehen?<\/strong><\/h5>\n
Die wirtschaftliche Lage ist komplex. Hat ein Familienunternehmen in solchen Zeiten Vor- und Nachteile?<\/strong><\/h5>\n
Was sch\u00e4tzen Kunden bei KMU besonders, wenn nicht den Preis?<\/strong><\/h5>\n
Was sind also die wichtigsten Kriterien f\u00fcr einen erfolgreichen Mittelst\u00e4ndler aus Kundensicht?<\/strong><\/h5>\n
L\u00e4sst sich mit diesen Eigenschaften auch die aktuelle Lage \u00fcberstehen?<\/strong><\/h5>\n
Und in dieser komplexen Situation ist doch gerade Verbandsarbeit wichtig?<\/strong><\/h5>\n
Was bringt Ihnen Verbandsarbeit pers\u00f6nlich? Haben Sie Ziele?<\/strong><\/h5>\n
Wir haben viel \u00fcber Tradition gesprochen und Sie haben die Probleme der Branche klar benannt. W\u00fcrden Sie Ihrem Sohn raten, in die Unternehmensfolge einzutreten?<\/strong><\/h5>\n
Und am Ende folgt immer die Frage nach der eigenen Lieblingsfarbe, und wir vermuten mal: \u201eEpple\u201c-Orange?!?<\/strong><\/h5>\n
Vielen Dank f\u00fcr das Gespr\u00e4ch!<\/strong><\/h5>\n
\n<\/div>\nKurzbiografie von Dr. Carl Epple<\/h5>\n<\/header>\n
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