{"id":12938,"date":"2022-07-29T08:00:46","date_gmt":"2022-07-29T06:00:46","guid":{"rendered":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/?p=12938"},"modified":"2022-07-29T08:05:46","modified_gmt":"2022-07-29T06:05:46","slug":"mitgliederversammlung-der-bayerischen-chemieverbaende-die-loesungsindustrie-chemie-sieht-schwierigen-zeiten-entgegen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/mitgliederversammlung-der-bayerischen-chemieverbaende-die-loesungsindustrie-chemie-sieht-schwierigen-zeiten-entgegen\/","title":{"rendered":"Mitgliederversammlung der Bayerischen Chemieverb\u00e4nde: Die #L\u00f6sungsindustrie Chemie sieht schwierigen Zeiten entgegen"},"content":{"rendered":"

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Am Dienstag, den 26.07.2022 fand nach zwei Jahren Corona-bedingter Online-Veranstaltungen die Mitgliederversammlung der Bayerischen Chemieverb\u00e4nde wieder als Pr\u00e4senzveranstaltung statt. Zwar ohne den sonst \u00fcblichen \u00f6ffentlichen Teil, aber mit einer hochkar\u00e4tigen Gastrednerin.<\/p>\n

Der Berichtszeitraum der Mitgliederversammlung umfasste dabei auch den Zeitpunkt, an dem sich der 09. August 1946, der Gr\u00fcndungstag der Bayerischen Chemieverb\u00e4nde, zum 75. Mal gej\u00e4hrt hat. Obwohl dies im vergangenen Sommer eigentlich ein Anlass zum Feiern gewesen w\u00e4re, haben uns leider ganz andere Themen in Atem gehalten. Im letzten Jahr noch die COVID-Pandemie, die auch bis heute noch immer nicht ganz ausgestanden ist. Und dann der Krieg gegen die Ukraine, der schreckliches Leid verursacht und dessen Folgen auch unsere Branche massiv betrifft. Auf die Organisation einer Feier unseres Jubil\u00e4ums haben wir daher aus naheliegenden Gr\u00fcnden verzichtet und uns mit aller Kraft und vollem Einsatz auf unser Kerngesch\u00e4ft konzentriert.<\/p>\n

Die Mitgliederversammlung stand also ganz im Zeichen der aktuellen Entwicklungen, auch wenn die Chemie- und Pharmabranche insgesamt zun\u00e4chst eine gute Bilanz f\u00fcr das vergangene Jahr ziehen konnte. Vor allem der Blick in die Zukunft bereitet hier ernste Sorgen.<\/p>\n

\"\"

Dr. Christian Hartel<\/p><\/div>\n

Nach dem Corona-Krisenjahr 2020 sei das Jahr 2021 f\u00fcr viele \u2013 aber sicher nicht f\u00fcr alle \u2013 Unternehmen der Branche \u00fcberraschend gut verlaufen und auch das erste Quartal 2022 sei f\u00fcr viele ebenfalls insgesamt zufriedenstellend gewesen, berichtet der Vorstandsvorsitzende der Verb\u00e4nde, Dr.<\/strong> Christian Hartel.<\/strong><\/p>\n

Dennoch machten die Engp\u00e4sse bei Logistik und Vorprodukten sowie vor allem kr\u00e4ftig steigende Energie- und Rohstoffkosten der Branche zunehmend zu schaffen. Die Nachfrage nach chemisch-pharmazeutischen Produkten bleibe zwar hoch und die Auftragsb\u00fccher seien gut gef\u00fcllt, doch wegen der St\u00f6rungen in den Lieferketten k\u00f6nne die Produktion nur noch wenig ausgeweitet werden. Die Kapazit\u00e4tsauslastung sei ebenfalls zur\u00fcckgegangen.<\/p>\n

Daher gehe die Prognose f\u00fcr das laufende Jahr schon von einem deutlichen R\u00fcckgang in der Chemie aus. Und zwar selbst, wenn die Gaslieferungen aus Russland stabil blieben.<\/p>\n

 <\/p>\n

Ukrainekrieg, Energiekrise, B\u00fcrokratie<\/strong><\/h4>\n

Dr. Hartel ging vor allem auf drei wesentliche Entwicklungen ein, welche die gesamte chemisch-pharmazeutische Industrie betreffen: den Ukrainekrieg, die Energiekrise sowie die \u00fcberbordende B\u00fcrokratie.<\/p>\n

Dr. Hartel<\/strong>: \u201eSeit f\u00fcnf Monaten herrscht in der Ukraine Krieg. Er verursacht schreckliches Leid, Vertreibung und Zerst\u00f6rung. Neben dem Mitgef\u00fchl f\u00fcr die Menschen, das f\u00fcr mich und sicher auch f\u00fcr Sie alle an erster Stelle steht, hat dieser Krieg aber auch f\u00fcr unsere Unternehmen ernste Folgen. Vor allem die Energieversorgungslage ist sehr schwierig geworden. Die Weltregionen sortieren sich neu. Handels- und Wertsch\u00f6pfungsketten ver\u00e4ndern sich. Und die h\u00f6chst wettbewerbsrelevanten Preise f\u00fcr Energie sind in den letzten Monaten regelrecht durch die Decke gegangen.\u201c<\/em><\/p>\n

In Bezug auf die sehr ernste Energieversorgungslage stellte Dr. Hartel <\/strong>klar: „Immer wieder h\u00f6rt und liest man, dass uns eine Gasmangelsituation regional sehr unterschiedlich treffen w\u00fcrde, etwa dass wir hier in Bayern vermutlich zuerst und vielleicht auch besonders stark betroffen w\u00e4ren. Ich halte davon gar nichts, und werde das auch nicht akzeptieren! Wir k\u00f6nnen doch nicht von Europ\u00e4ischer Solidarit\u00e4t sprechen, und gleichzeitig innerhalb Deutschlands unterschiedlich Zuteilungen machen! Es muss auf politischer (und technischer) Seite alles getan werden, um eine regionale Ungleichheit zu vermeiden!“. <\/em>Auch m\u00fcsse das Atomkraftwerk Isar 2 mindestens bis zum Sommer n\u00e4chsten Jahres weiterlaufen. Denn wenn durch eine Gasmangelsituation die Dampferzeugung nicht mehr in hocheffizienten KWKs erfolgen k\u00f6nne, fehle auch der damit erzeugte Strom in Bayern. Es sei „riskant und gef\u00e4hrlich“, in dieser Situation gro\u00dfe Stromerzeugungsanlagen vom Netz zu nehmen.<\/p>\n

Dies bedeute auch keine Abkehr von der Energiewende. Europa, Deutschland, Bayern und damit auch die Chemieindustrie h\u00e4tten sich auf den Weg zur Klimaneutralit\u00e4t begeben. Und auch wenn viele Fragen \u00fcber das Wie noch v\u00f6llig ungekl\u00e4rt seien und entscheidende Rahmenbedingungen nach wie vor fehlten, so sei die Entscheidung dennoch unumst\u00f6\u00dflich.<\/p>\n

Eine gro\u00dfe Belastung f\u00fcr die Unternehmen sei zudem die l\u00e4hmende B\u00fcrokratie, da die Regulierungswut der EU nicht nachlasse. Seiner Meinung nach zeugten EU-Chemikalienstrategie, Taxonomie und IED-Revision davon, dass viele EU-B\u00fcrokraten den Ernst der Lage und die negativen Folgen ihres Tuns offensichtlich noch nicht ganz erkannt haben. Aber auch auf Bundesebene und in Bayern gebe es hier Themen \u2013 Stichwort „Genehmigungsverfahren“.<\/p>\n

So ernst die wirtschaftliche Lage auch ist \u2013 Dr. Hartel zeigte sich dennoch verhalten optimistisch, dass die bestehenden Probleme gel\u00f6st werden k\u00f6nnen. Denn immer mehr hochrangige und einflussreiche Politiker s\u00e4hen diesen Gefahren mittlerweile ins Auge. Und die Chemie werde sowohl als #L\u00f6sungsindustrie f\u00fcr die notwendige Transformation auf dem Weg zur Klimaneutralit\u00e4t als auch in weiten Teilen als systemrelevant f\u00fcr die restliche deutsche Industrie angesehen. Die Politik habe erkannt, dass sie die Probleme der Chemiebranche l\u00f6sen muss, wenn sie die deutsche Wirtschaft retten will.<\/p>\n

Dr. Hartel:<\/strong> \u201eEs ist eine T\u00fcr offen f\u00fcr die Belange der Industrie \u2013 und die chemische Industrie wird durchaus nicht verteufelt, sondern als L\u00f6sungsindustrie wahrgenommen. Ich w\u00fcrde sogar so weit gehen, dass die Schl\u00fcsselrolle unserer Branche schon lange nicht so klar in Politik und Gesellschaft wahrgenommen wurde. Darin liegt eine gro\u00dfe Chance.\u201c<\/em><\/p>\n

 <\/p>\n

75 Jahre Bayerische Chemieverb\u00e4nde<\/strong><\/h4>\n

Walter Vogg<\/strong>, Hauptgesch\u00e4ftsf\u00fchrer der Bayerischen Chemieverb\u00e4nde, verwies zu Beginn seines Vortrags zun\u00e4chst auf den aktuellen Jahresbericht<\/a><\/strong><\/span>, der wie immer nicht nur einen Ein- und \u00dcberblick in unsere Verbandsarbeit gew\u00e4hrt, sondern vor allem die Positionen dokumentiert, die die Verb\u00e4nde im Sinne ihrer Mitgliedsunternehmen insbesondere gegen\u00fcber der Politik vertreten.\"\"<\/a><\/p>\n

Dabei erinnerte er in seinen Ausf\u00fchrungen auch an das 75-j\u00e4hrige Gr\u00fcndungsjubil\u00e4um am 09. August 2021,<\/strong> dem ein besonderes Kapitel<\/a><\/strong><\/span> im aktuellen Jahresbericht<\/a><\/strong><\/span> und eine \u201eJubil\u00e4umsseite\u201c<\/a><\/strong><\/span> auf der Internet-Homepage gewidmet sei.<\/p>\n

Die Bayerischen Chemieverb\u00e4nde h\u00e4tten die Entwicklung der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Bayern seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs mitbegleitet. Von den Anf\u00e4ngen, dem Wiederaufbau nach dem Krieg \u00fcber den gro\u00dfen Industrialisierungsschub in den 60er, 70er und den 80er Jahren \u2013 weg vom Agrar- und hin zum Industrieland Bayern \u2013 bis zum nun bevorstehenden Strukturwandel hin zur Klimaneutralit\u00e4t. Wobei es gerade bei den Themen Infrastruktur und sichere Energieversorgung zu wettbewerbsf\u00e4higen Kosten verbl\u00fcffende Parallelen zu den brandaktuellen Fragestellungen gebe.<\/p>\n

 <\/strong><\/p>\n

Wachsende Risiken<\/strong><\/h4>\n

Im Anschluss zog er eine Bilanz der aktuellen Herausforderungen, welche die Branche zurzeit besch\u00e4ftigen. Dabei sei die bayerische chemisch-pharmazeutische Industrie zun\u00e4chst mit gro\u00dfen Hoffnungen ins Jahr 2022 gestartet: das Ende der Pandemie und der wieder einsetzende wirtschaftliche Aufschwung, die \u00dcberwindung der Lieferkettenprobleme, eine Inflation auf Zielniveau sowie eine tatkr\u00e4ftige Umsetzung der Transformation.<\/p>\n

\"\"

Walter Vogg<\/p><\/div>\n

Walter Vogg:<\/strong> \u201eUnsere Hoffnungen haben sich leider nicht erf\u00fcllt. Stattdessen ist die Unsicherheit und die Zahl der Risiken f\u00fcr unsere Unternehmen so gro\u00df wie nie. Die gr\u00f6\u00dfte Auswirkung auf unsere Wirtschaft haben sicherlich die Folgen des Kriegs in der Ukraine. Wir erleben eine nie dagewesene Explosion der Kosten f\u00fcr Energie (Strom\/Gas), Rohstoffe und Logistik, Versorgungsengp\u00e4sse bei Rohstoffen und Vorprodukten, einen erneuten Corona-Lockdown in China mit all seinen Folgen f\u00fcr die Lieferketten sowie eine Inflation, die auf Monatswerte von \u00fcber 7 Prozent und mittlerweile auch in der Erwartung auf \u00fcber 7 Prozent f\u00fcr das Gesamtjahr steigt. Hinzu kommen steigende Krankheits- und Ausfalltage in den Betrieben aufgrund der neuen Corona-Welle in Deutschland und ein sich versch\u00e4rfender Arbeits- und Fachkr\u00e4ftemangel. Und w\u00e4re dies alles noch nicht genug, so entfachte sich auch noch eine Diskussion \u00fcber ein Gasembargo, insbesondere von Leuten, denen die systemischen Zusammenh\u00e4nge einer industriegepr\u00e4gten Wirtschaft mit all ihren Sekund\u00e4r- und Terti\u00e4reffekten auf Liefer- und Wertsch\u00f6pfungsketten offenbar vollkommen fremd oder egal sind und die m.E. auch die Folgen f\u00fcr den gesellschaftlichen Zusammenhalt v\u00f6llig falsch einsch\u00e4tzen.\u201c<\/em><\/p>\n

Die Lage sei also sehr ernst. Schlie\u00dflich habe man ja mit der erforderlichen Transformation \u2013 Stichworte: Klimaneutralit\u00e4t, Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung, Auswirkungen der demografischen Ver\u00e4nderungen und Arbeits-\/Fachkr\u00e4ftemangel \u2013 auch noch gro\u00dfe Aufgaben zu bew\u00e4ltigen, die man bereits vorher \u2018vor der Brust\u2018 hatte.<\/p>\n

 <\/p>\n

Tarifverhandlungen 2022<\/strong><\/h4>\n

Diese Herausforderungen und Risiken f\u00fcr die wirtschaftliche Zukunft der Chemie- und Pharma- Unternehmen einerseits und der maximale Druck von Arbeitnehmerseite hinsichtlich der Preisentwicklung und Kaufkraftverlusten andererseits seien letztlich auch die Rahmenbedingungen f\u00fcr die Tarifverhandlungen der Branche im Fr\u00fchjahr gewesen.<\/p>\n

Mit der gefundenen \u201eBr\u00fcckenl\u00f6sung\u201c<\/a><\/strong> habe man in maximal unsicheren Zeiten durch eine nicht tabellenwirksame, differenzierbare Einmalzahlung nicht nur \u201eZeit gekauft\u201c, sondern auch einen erheblichen Beitrag zur Entlastung der Besch\u00e4ftigten geleistet. Die Verhandlungen w\u00fcrden im Oktober 2022 fortgesetzt.<\/p>\n

Walter Vogg:<\/strong> \u201eAngesichts der Forderungen in der Metall- und Elektroindustrie in H\u00f6he von 8 Prozent zeichnet sich bereits jetzt ein <\/em>\u2018hei\u00dfer Herbst<\/em>\u2018 f\u00fcr die Fortsetzung der Tarifverhandlungen ab. Und wir werden sehen, ob die Appelle unseres Kanzlers im Rahmen der neu aufgelegten <\/em>\u2018Konzertierten Aktion<\/em>\u2018 zur Verhinderung einer Lohn-Preis-Spirale und zum Erhalt der Wettbewerbsf\u00e4higkeit unserer Unternehmen auf \u2018offene Ohren\u2018 bei den Gewerkschaften sto\u00dfen.\u201c<\/em><\/p>\n

 <\/p>\n

Verbandsarbeit<\/strong><\/h4>\n

Zum Abschluss seiner Rede gab Herr Vogg noch einen \u00dcberblick \u00fcber die Vielzahl an Verbandsaktivit\u00e4ten als Antwort sowohl auf die genannten Herausforderungen als auch auf unz\u00e4hlige weitere Themen und Fragestellungen, mit denen sich das gesamte Verbandsteam im Sinne seiner Mitgliedsunternehmen besch\u00e4ftigt habe. Er verwies dabei auch auf das weitgef\u00e4cherte und umfangreiche Informations-, Service- und Unterst\u00fctzungsangebot, das die beiden Verb\u00e4nde f\u00fcr ihre Mitgliedsunternehmen sowohl pers\u00f6nlich, schriftlich als auch im jeweiligen Mitgliederbereich digital zur Verf\u00fcgung gestellt h\u00e4tten.<\/p>\n

 <\/p>\n

Hochkar\u00e4tige Gastrednerin<\/strong><\/h4>\n

Im Anschluss an die Regularien konnten wir als Gastrednerin die Fraktionsvorsitzende von B\u00dcNDNIS 90\/DIE GR\u00dcNEN, Frau Katharina Schulze, MdL, begr\u00fc\u00dfen.<\/p>\n

\"\"

Katharina Schulze, MdL<\/p><\/div>\n

Frau Schulze erl\u00e4uterte in ihrer Rede u.a. die Inhalte des GR\u00dcNEN-Konzeptpapiers „Innovationstreiberin Industrie – Fortschritt und Tradition“, das ein bemerkenswertes Bekenntnis zum Industrieland Bayern enth\u00e4lt. Von allen darin behandelten ebenfalls wichtigen Themen standen f\u00fcr die Vertreter unserer Mitgliedsunternehmen vor allem die Problematik der Energieversorgung, die f\u00fcr unsere Branche aufgrund der aktuellen Entwicklungen nochmals eine zus\u00e4tzliche Brisanz erhalten hat, und die Position der GR\u00dcNEN als Regierungspartei auf Bundesebene hierzu im Vordergrund.<\/p>\n

Dies zeigte sich auch in der intensiven, offenen und sehr konstruktiven Diskussion mit Frau Schulze im Anschluss an ihren leidenschaftlichen Vortrag, die sehr viele Gemeinsamkeiten in Bezug auf den Industriestandort Bayern und insbesondere die daf\u00fcr erforderlichen Rahmenbedingungen, aber auch weiteren Gespr\u00e4chsbedarf zutage f\u00f6rderte. Insofern lieferte die Veranstaltung f\u00fcr beide Seiten eine gute Basis f\u00fcr einen weiteren intensiven und konstruktiven Dialog.<\/p>\n\n\n\n
\n\t\t