{"id":10070,"date":"2021-06-07T14:00:47","date_gmt":"2021-06-07T12:00:47","guid":{"rendered":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/?p=10070"},"modified":"2022-02-10T10:53:24","modified_gmt":"2022-02-10T09:53:24","slug":"ist-eine-brennstoffzellmembran-eigentlich-essentiell","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bayerische-chemieverbaende.de\/ist-eine-brennstoffzellmembran-eigentlich-essentiell\/","title":{"rendered":"Ist eine Brennstoffzellmembran eigentlich \u201eessentiell\u201c?"},"content":{"rendered":"
[vc_row][vc_column][vc_column_text]<\/p>\n
Die europ\u00e4ische Kommission will im Rahmen ihrer im vergangenen Jahr angek\u00fcndigten Chemikalienstrategie<\/a> auch die sog. \u201ePFAS\u201c (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) regulieren. Diese Verbindungen sollen in ihrem Gebrauch eingeschr\u00e4nkt und nach M\u00f6glichkeit v\u00f6llig substituiert werden \u2013 lediglich \u201eessentielle Verwendungen\u201c sollen noch m\u00f6glich sein. Hintergrund ist, dass PFAS vermehrt in der Umwelt auftreten und die EU die Gefahr sieht, dass diese Verbindungen Umwelt und Gesundheit von Mensch und Tier sch\u00e4digen k\u00f6nnen.<\/p>\n Eine solche pauschale Annahme ist jedoch nicht gerechtfertigt. Denn PFAS beschreibt eine Stoffgruppe, die \u00fcber 4.700 verschiedene Chemikalien umfasst, wozu auch z.B. Fluorpolymere wie Polytetrafluorethylen (PTFE) z\u00e4hlen. Allerdings haben diese physikalische, chemische und biologische Eigenschaften, die sich deutlich von denen anderer PFAS unterscheiden.<\/p>\n Fluorpolymere wie Polytetrafluorethylen (PTFE) sind<\/p>\n Sie weisen also gar nicht die \u00f6kologischen und toxikologischen Eigenschaften auf, die mit bestimmten Fluorchemikalien der PFAS-Familie in Verbindung gebracht werden.<\/p>\n Struktur von \u201ePolytetrafluorethylen\u201c.<\/em> Bei Fluorpolymeren handelt es sich also um spezielle Kunststoffe, die in strategischen Bereichen wie Energiegewinnung und -umwandlung, Luft- und Raumfahrt, Mobilit\u00e4t, Elektronik, pharmazeutische Herstellung und in medizinischen Anwendungen eingesetzt werden. Viele moderne Prozesse und Produkte h\u00e4ngen von den Eigenschaften dieser Materialien und ihren Kombinationsm\u00f6glichkeiten ab: Sie sind dauerhaft stabil und behalten ihre Funktionalit\u00e4t selbst unter extremen Einsatzbedingungen. Es sind ihre spezifischen Eigenschaftskombinationen, die von keiner der Alternativen erreicht werden und die sie deshalb so wertvoll machen.<\/p>\n Weitere umfassende Details zu Fluorpolymeren, deren Eigenschaften und konkrete Anwendungsbereiche finden sich auf der neuen Webseite der Fluoropolymers Group<\/em><\/a> von PlasticsEurope, der pan-europ\u00e4ischen Vereinigung der Kunststofferzeuger.<\/p>\n Schema einer Polymerelektrolytbrennstoffzelle.<\/em> Diese Fragen zeigen schon, dass es nicht so einfach ist, zu sagen, was eigentlich \u201eessentiell\u201c ist. Was ist z.B. mit zuk\u00fcnftigen Technologien, die wir noch gar nicht kennen, die aber vielleicht unverzichtbar werden? Ist das erstmal alles verboten und wer erlaubt es dann vielleicht doch? Es wird jedenfalls ein schwieriges Unterfangen f\u00fcr die Kommission (und die beteiligten europ\u00e4ischen Institutionen) zu definieren, was f\u00fcr die Gesellschaft eigentlich essentiell ist \u2013 ohne dabei in planwirtschaftliches Regulierungs-Klein-Klein zu verfallen. Es stellt sich auch die grunds\u00e4tzliche Frage, ob das Chemikalienrecht f\u00fcr solche gesellschaftlichen Fragen der richtige Ort ist\u2026<\/p>\n Und nicht zuletzt m\u00fcssen europ\u00e4ische Hersteller in diesem Regulierungsansatz \u00f6konomisch wirtschaftliche Perspektiven haben \u2013 ein Gesch\u00e4ftsmodell alleine auf Basis einer Momentaufnahme regelm\u00e4\u00dfig auf dem Pr\u00fcfstand stehender \u201eessentieller Verwendungen\u201c aufzubauen, scheint hier nur bedingt darstellbar zu sein.<\/p>\n Statt einer hochkomplexen und planwirtschaftlichen Festlegung von \u201eessentiellen Verwendungen\u201c w\u00e4re es vermutlich besser, solche Rahmenbedingungen in den Fokus zu stellen, die sichere und nachhaltige Verwendungen von Chemikalien gew\u00e4hrleisten, negative Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt minimieren sowie eine Identifizierung und das Management inakzeptabler Risiken<\/em> erm\u00f6glichen.<\/div><\/div>\n<\/div><\/div>\n\n So k\u00f6nnte eine zu wenig differenzierende Regulierung f\u00fcr Fluorpolymere innerhalb der EU-Chemikalienstrategie die Sicherheit, Verl\u00e4sslichkeit und Innovationsf\u00e4higkeit wichtiger gesellschaftlicher Bereiche beeintr\u00e4chtigen (s.o.). Es gilt hierbei f\u00fcr Fluorpolymere Folgendes zu ber\u00fccksichtigen:<\/p>\n \u00c4hnlich problematische Fragestellungen ergeben sich im \u00dcbrigen auch f\u00fcr andere Werkstoffe, wie fluorierte Polymere (mehr hierzu auch hier<\/a>, hier<\/a> oder hier<\/a>), die ebenfalls unter den Oberbegriff PFAS eingeordnet werden. Dies zeigt einmal mehr, wie dringend eine differenzierte Betrachtung bei PFAS-Regulierungsans\u00e4tzen n\u00f6tig ist.<\/div><\/div>\n<\/div><\/div>\n\n <\/strong>Das Thema \u201ePFAS\u201c und \u201eessentielle Verwendungen\u201c ist im \u00dcbrigen nur eines von vielen Aspekten, die die EU-Kommission in der \u201eChemikalienstrategie f\u00fcr Nachhaltigkeit\u201c angehen will (mehr dazu hier<\/a>). Mit deren Ausgestaltung steht die europ\u00e4ische Chemie an einem Scheideweg. Sollte die Chemikalienstrategie unver\u00e4ndert umgesetzt werden, wird sich die Zahl verf\u00fcgbarer Chemikalien in Europa deutlich verringern. Gleichzeitig wird der Erf\u00fcllungsaufwand f\u00fcr regulatorische Pflichten stark steigen. Dies wird einen enormen Einfluss auf Investitionen und Innovationen haben und dar\u00fcber entscheiden, ob die L\u00f6sungen der chemisch-pharmazeutischen Industrie<\/a> f\u00fcr wichtige Zukunftsaufgaben \u2013 egal ob Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft oder Gesundheitsschutz \u2013 zuk\u00fcnftig aus Europa oder aus L\u00e4ndern mit (schon heute) weniger hohen Umweltstandards kommen werden.<\/p>\n Man kann nur hoffen, dass die EU-Kommission (und die europ\u00e4ische Chemikalienagentur als nachgelagerte Beh\u00f6rde) \u2013 wie es auch angek\u00fcndigt wurde \u2013 einen konstruktiven aber vor allem ergebnisoffenen Dialog mit Industriebeteiligung erm\u00f6glichen wird, bevor konkrete Vorschl\u00e4ge zur \u00c4nderung von Vorschriften gemacht werden. Hier m\u00fcssen auch Schutzzielkonflikte ehrlich angesprochen werden d\u00fcrfen und in dringend ben\u00f6tigte Folgenabsch\u00e4tzungen einflie\u00dfen.<\/div><\/div>\n<\/div><\/div>\n\n <\/p>\n Bildquellen: <\/em><\/p>\n [\/vc_column_text][\/vc_column][\/vc_row]<\/p>\n<\/div>","protected":false},"excerpt":{"rendered":" [vc_row][vc_column][vc_column_text] Oder anders: Was sind Fluorpolymere, warum sind sie so wichtig und wer genau kann eigentlich festlegen, was \u201eessentielle Verwendungen\u201c daf\u00fcr sind? Die europ\u00e4ische Kommission will [\u2026]<\/span><\/p>\n","protected":false},"author":663,"featured_media":10073,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_acf_changed":false,"ngg_post_thumbnail":0,"footnotes":""},"categories":[1112,581,86,45,361,709],"tags":[1125,1083,164,1068,1085,1084,1087,1086,65,1081,1082],"class_list":["post-10070","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-1112","category-industriepolitik","category-nachhaltigkeit","category-presse","category-stoffpolitik","category-umweltpolitik","tag-chemikalienstrategie","tag-essentielle-verwendungen","tag-eu","tag-fluorchemie","tag-fluorierte-polymere","tag-fluorpolymere","tag-folgenabschaetzung","tag-pfas","tag-reach","tag-restriktion","tag-verbot"],"acf":[],"yoast_head":"\n\n
<\/p>\n
\nFluorpolymere bestehen aus langen Kohlenstoffketten (wie eine Perlenschnur), an der Fluoratome direkt gebunden sind. Dabei wiederholt sich ein strukturelles Element immer wieder (hier das Beispiel \u201ePolytetrafluorethylen\u201c, das mengenm\u00e4\u00dfig wichtigste Fluorpolymer). Die au\u00dfergew\u00f6hnlichen Eigenschaften der Fluor-Kohlenstoff-Bindung machen auch Fluorpolymere zu ganz au\u00dfergew\u00f6hnlichen Werkstoffen.<\/em><\/p>\n!<\/strong><\/span>\n <\/strong>Wozu braucht es eigentlich Fluorpolymere?<\/strong><\/h3>\n
\n
<\/p>\n
\nF\u00fcr die d\u00fcnne protonenleitende Membran (Elektrolyt) werden u.a. perfluorierte Copolymere eingesetzt (= Polymere mit unterschiedlichen Einzelbausteinen, wie z.B. bei Nafion). Die technischen Eigenschaften der Polymermembran sind f\u00fcr die Funktionalit\u00e4t solcher Brennstoffzell-Typen sehr wichtig. Auch in anderen Bereichen wie z.B. f\u00fcr Elektrolyseanwendungen (Stichwort: Wasserstofferzeugung) sind solche Polymermembrane wichtige Komponenten, wo vielfach die besonderen Eigenschaften von Fluorpolymeren zum Einsatz kommen (und wo auch weiterhin Forschung zur Optimierung betrieben wird).<\/div><\/div>\n<\/div><\/div>\n<\/em><\/p>\n!<\/span>\n Wie m\u00f6chte die EU-Kommission PFAS und damit auch Fluorpolymere regulieren \u2013 und was sind eigentlich \u201eessentielle Verwendungen\u201c? <\/strong><\/h3>\n
!<\/span>\nMacht eine undifferenzierte Regulierung der Vielzahl an unterschiedlichen PFAS \u00fcberhaupt Sinn \u2013 und was w\u00fcrde das f\u00fcr Fluorpolymere und andere Werkstoffe bedeuten?<\/strong><\/h3>\n
\n
!<\/span>\nWas w\u00e4ren die Folgen einer undifferenzierten PFAS-Regulierung bei Fluorpolymeren?<\/strong>
\n<\/strong><\/h3>\n\n